"WOHIN WILLST DU?" Jugendkongress des JMB Berlin 2017

Was muss Bildung in einer diversen Gesellschaft leisten?

Am 18.11.2017 veranstaltete der JMB Berlin im TAK Theater im Aufbauhaus seinen zweiten Jugendkongress unter dem Motto „WOHIN WILLST DU?“ In diesem Jahr stand die Frage im Fokus, was Bildung in einer diversen Gesellschaft leisten muss.

Egal ob auf dem Schulhof, im Klassenzimmer oder in Schulbüchern: Wenn es um Migration geht, stößt man meistens auf Stereotype und Hierarchisierung. Weißsein ist immer noch der normative Maßstab. Wie und wo sollte Bildung stattfinden? Für wen gibt es welche Art von Bildung? Wann wird wer gezeigt und wann darf wer reden? Gemeinsam haben rund 60 junge Menschen einen Blick auf diese und weitere Fragen geworfen, sich vernetzt und kreativ diskutiert.

„Bildung sollte für alle einen Selbstzweck haben. Bei Bildung sollte es nicht darum gehen, wie bestimmte Personen(gruppen) am besten integriert werden können oder wie bestimmte Menschen mit dem kleinstmöglichen Aufwand beschwichtigt werden können und somit aktiv ausgegrenzt werden“, so Sertac Uyar zu Beginn der Veranstaltung.

In fünf Workshops konnten die Teilnehmer_innen mit verschiedenen Methoden ihren Alltag im Bildungssystem reflektieren und zum Ausdruck bringen, wo sie sich eingeschränkt fühlen und auf welche Hürden sie stoßen. Gleichzeitig wurden in den Workshops verschiedene Ansätze vorgestellt, wie man sich für seine eigenen Belange stark machen kann - und wo man auch Unterstützung findet, wenn man sie braucht.

Im Poetry-Slam-Workshop wurden die Teilnehmer_innen ermutigt, ihre Gedanken abseits von bisher gelernten Strukturen zu ordnen und anschließend zu verschriftlichen. Dabei ist unter anderem dieser großartige Text entstanden, der bei der Abschlusspräsentation auch vorgetragen wurde:  


Bildung - Poetry Slam by Volkan Y.

Das Thema Bildung, da muss ich erstmal tief einatmen…
Es gibt so viel zu sagen, viel zu beklagen.
Ja, Bildung hat mir natürlich viel gebracht, aber auch hat Bildung mir viel genommen…
...Zeit. Ich hab vieles hinter mich gebracht, aber das, was ich eigentlich machen wollte,
ist noch vor mir, in mir.. und es drückt auch! Es will auch raus!
Du investierst Zeit, so viel, du schaust weit, dein Ziel…
Was ist es eigentlich? Was war es? Was wird es? Wohin willst du denn…
…als Schüler, Arbeiter oder Student..?
Sehr geehrter Staat..
Alta, warum hab ich nicht mehr als Druck gefühlt in den ganzen Jahren?!
Weg damit..!
Du schreibst mir vor, dass ich deine Gleichungen lösen muss, deine Geschichten verstehen muss
ich weiß nur, dass ich gehen muss….
Glaub mir, ich finde dir dein x heraus, aber was ist mit meinem x in meinem Bauch?
….und außerdem.. bin ich noch jung und will feiern gehen
vielleicht will ich Schweinefleisch auseinander nehmen,
aber im Kopf hab ich, ich muss hier gut sein, die Gesellschaft fordert Ansehen..
...so’n Scheiß.
Aber mit meinem besten Freund damals im Unterricht…das war lustig.
Er guckte den Lehrer an, verstand nix, das wusst’ ich.
Wir waren eine Gruppe, der Chris war auch dabei.
Manchmal war ich besser als er, trotzdem bekam ich ne 4 und er ne 2.
Ich war sehr oft einfach nur ausreichend, das heißt, kurz vor ungenügend…
Ich hatte auch mal keine Motivation und keinen Grund zu üben,
lerne oft das Wichtigste, dachte das wird auch reichen…für’s Leben.
Aber dann stand unten die 4-, kennt ihr noch das Gefühl nach einem 4-?
Einige denken sich jetzt: Nee ich nicht.“
Du denkst dir, alta, nicht mal ne 5!
Das heißt, du konntest etwas, was du eigentlich nicht konntest.
Jetzt lach ich d’rüber, jetzt denk ich d’rüber nach.
Eine Zahl, die dir sagt wer du bist…
Sehr geehrter Staat… willst du eine Zahl zurück?
Ich gebe dir auch ne 4-, dann merkst du, wie schwer es ist.


Auch im Hip Hop Workshop ging es um die Macht der Worte: Nach einem spannenden Input hat die Gruppe auf Grundlage ihrer eigenen Erfahrungen gemeinsam einen Text verfasst und ihn mit Hilfe von Drob Dynamik am Abend performt.

„Noten sind wichtig“, erzähln sie dir gern. Doch Bildung bedeutet fürs Leben zu lern.
Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht ist egal! Wohin willst du? Du hast die Wahl!


Im Comic-Workshop entstanden intensive Bilder zu den Bildungsbiographien der Teilnehmer_innen. Im Vlog-Workshop ging es zunächst um den eigenen Konsum von sozialen Medien. Tarik Tesfu erzählte den Workshopteilnehmer_innen auch von seinen Anfängen als Vlogger. Er ermutigte und unterstützte die Teilnehmenden, ihre eigenen Themen im Internet zu setzen. Lidia von FSM e.V. hat in ihrem Workshop erklärt, wie die verschiedenen Plattformen der sozialen Medien eigentlich funktionieren, auf was man achten sollte und wie man sich schützen kann.

Am Abend wurden die Ergebnisse des Tages präsentiert. Im Anschluss überlegten die Teilnehmer_innen gemeinsam mit unseren Podiumsgästen Kofi Shakur und Mariam Puvogel sowie mit Usama Abdurahman aus dem Sprecher_innenrat des JMB Berlin, was Bildung in einer diversen Gesellschaft leisten muss. Denn wir wollen Bildung ohne Rassismus!    


„WOHIN WILLST DU?“ 5. Jugendkongress des Jugendmigrationsbeirats Berlin 2020 – digital

Wie kannst Du offen & sichtlich teilnehmen an der Gesellschaft?

 

Im ersten Teil des diesjährigen Jugendkongresses bietet der JMB eine digitale Workshopreihe am 2. Dezember 2020, von 17:00 bis 20:00 Uhr an. Jungen Menschen bekommen damit einen spielerischen und kreativen Rahmen, indem sie erkunden können, wie gleichberechtigte Teilhabe gelebt werden kann.

Mit dem JMB Forum am 9. Dezember 2020, von 17:00 bis 20:00 Uhr können junge Menschen im Anschluß ihre Erfahrungen mit Vertreter:innen aus der Verwaltung, Politik und der Zivilgesellschaft austauschen.

Zum Auftakt der diesjährigen Veranstaltung wird Said Haider, Sozialunternehmer und geschäftsführender Vorstand des Datteltäter e.V. uns inspirieren mit seinem ganz persönlichen Lebensweg: von den Datteltäter:innen über den Chatbot – der von Diskriminierung betroffene Menschen über ihre Rechte informiert – bis hin zu Poesie.

In vier parallel laufenden, digitalen Workshops können sich die Teilnehmer:innen im Anschluß für ihre eigene Position im gesellschaftlichen Miteinander aus Mehr- und Minderheiten stärken. Folgende Themen wie digitaler Aktivismus, Umgang mit Alltagsrassismus, Wertebildung und Klimagerechtigkeit sind geplant. Wir möchten sensibilisieren für die Auseinandersetzung mit Formen von Diskriminierung und dem unterschiedlichen Zugang verschiedener Teile der Bevölkerung zu gesellschaftlicher Teilhabe.

Im Rahmen eines Forums haben junge Menschen eine Woche später die Möglichkeit sich mit Vertreter:innen aus Politik, Verwaltung und der Zivilgesellschaft über ihre Visionen für die Zukunft auszutauschen und den Weg zur Verwirklichung durch neue Kooperationen zu ebnen.

Neben Frau Filiz Polat, MdB (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag) werden Frau Eren Ünsal von der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung sowie Gülcan Nitsch, Geschäftsführende Gesellschafterin von Yeşil Çember dabei sein. Die Videos über die aktuelle Zusammenarbeit mit der BSR – Berliner Stadtreinigung könnt Ihr auf YouTube sehen.
Außerdem mit dabei ist Abilaschan Balamuraley, angehender Kulturwissenschafter und Vermittler, Diversity Peer Trainer sowie die neue Moderation für „Politik und Gesellschaft“ von eklärmirmal auf Instagram. Angefragt wurde auch Derviş Hızarcı, Programmdirektor der Alfred Landecker Foundation.

 


 

Parallel stattfindende Workshops

Digitaler Aktivismus

Aktionskunst DIGITAL mit den Radikalen Töchtern

Sie werden euch nicht nur inspirierende Beispiele von Aktionskunst zeigen, sondern euch auch Ideen an die Hand geben, wie ihr ins Handeln kommt.

Die Radikalen Töchter inspirieren zu wirkungsvollen, spektakulären Protestformen, die zum Nachahmen begeistern. In Ausbildungscamps empowern sie Menschen dazu , politisch aktiver zu werden. Das Ziel: Demokratie muss sexy werden, wir alle müssen uns einsetzen. Für Menschenrechte. Für Utopien und Visionen. Denn die Welt braucht neue revolutionäre Ideen und Maßnahmen, wenn wir unsere Herausforderungen und Probleme lösen wollen.

Künstlerische Strategien und kreative Taktiken empowern zur Selbstwirksamkeit, Zivilcourage und zur Partizipation. Tools aus Aktivismus, Kunst und Politik zeigen Teilnehmenden auf, wie einfach es ist, selbst ins Handeln zu kommen – und auch wie wichtig: In der Demokratie zählt die Stimme eines jeden und einer jeden einzelnen. Eine Demokratie lebt von der aktiven Mitgestaltung ihrer Bürgerinnen und Bürger.

 

Klimagerechtigkeit

Diversität beim Klima-Aktivismus, Sichtbarkeit POC, Kolonialer Zusammenhang

„In diesem Workshop diskutieren wir, wie globale und historische Ungerechtigkeiten mit der aktuellen Klimakrise zusammenhängen. Wir schauen uns frühere und aktuelle Kämpfe für Klimagerechtigkeit an und stellen die Frage: Was ist eigentlich die Klimabewegung in Deutschland und wie „divers“ ist sie?
Wenn Du Lust auf diesen interaktiven Workshop zu Klimagerechtigkeit hast, dann freuen wir uns auf Dich!“

Felix Tamim Nasser von Kipppunkt Kollektiv – Bildung für Klimagerechtigkeit und Aktivist bei der Volksinitiative Klimanotstand Berlin. (Berliner Bürgerinitiative, die Anerkennung des Klimanotstands durchgesetzt hat.)

Zain Assaad koordiniert seit Juli 2019 das Projekt „Locals United“ in Leipzig, studiert Kommunikations- und Medienwissenschaft und schreibt gerne Texte über Liebe, Freiheit und Solidarität.
 

Wertesystem

Eine interaktive Werte-Journey – als Selbst- und Gruppenreflexion zu deinen eigenen Werten, durch künstlerische Interventionen und Narration.

Let´s talk values
„Aus unserer Sicht sind Werte ein essenzieller Bestandteil unseres Zusammenlebens und bieten das Potenzial bewusst mit Wandel umzugehen. Mit unseren Initiativen erforschen wir so neue Wege, um gesellschaftlichen und kulturellen Herausforderungen zu begegnen und sie gemeinsam begreifen zu können. Wir schaffen Momente, die den inneren Kompass mit den gesellschaftlichen Entwicklungen abgleichen, um eine gemeinsame Zukunft zu gestalten. Mit Dialogen und Perspektivwechsel richten wir den Blick nach innen, um über die Werte und Emotionen anderer seine eigenen Werte neu zu entdecken.

PS: Wir sind auch keine perfekt runter meditierten Empathiemaschinen, aber wir machen uns auf den Weg nach (unseren) Werten. Seid Ihr dabei?“

Laura Ludwig und Jan Stassen vom  Museum für Werte e.V.
 

Alltagsrassismus

Was ist das eigentlich, Alltagsrassismus? In welchen Situationen manifestiert er sich und wie können wir ihm begegnen?
Umgang mit Diskriminierung im Alltag wie Racial Profiling, in der Schule, auf dem Wohnungsmarkt oder am Club-Eingang...

Gemeinsam mit euch möchte sich Dennis Sadik Kirschbaum – politischer Bildner, Antirassismus-Trainer, interreligiöser Aktivist und Slam Poet – mit dem Thema Antirassmus befassen. Dabei wird im ersten Teil der Fokus auf instutionalisierten Rassismus am Bsp. von u. a. Polizei und Schule und möglichen Interventionsstrategien legen. Im zweiten Teil werdet ihr euch dann intensiv mit der Produktion von antirasstischen Memes beschäftigen. Der Workshop beinhaltet einen theoretischen wie auch einen praktischen Teil, schließlich soll der Spaß nicht zu kurz kommen.

 



Anmeldungen

Die Teilnahme am Jugendkongresses ist nur mit vorheriger Anmeldung möglich. Die Teilnehmer:innenzahl ist begrenzt.

Bis zum 2.12.2020, 12Uhr könnt Ihr Euch für die Workshops anmelden

Die Workshops sind als digitale, geschützte Räume angedacht, die wertschätzenden und diskriminerungssensiblen Umgang befördern.
Wir möchten Diskriminierung abbauen und von Diskriminierung betroffene Gruppen unterstützen.
Das JMB Forum ist für alle interessierten jungen Menschen geöffnet. 
Die Workshops finden online und in deutscher Lautsprache statt.
Die Zugangsinformationen verschicken wir am Vormittag des 2.12.2020 an alle angemeldeten Personen.­


Der JMB wird gefördert durch: